Bernhard (Berl) Fechtner wurde am 18. August 1877 in Lemberg als Sohn von Meier Fechtner und Suny Süssel, geborene Drucker geboren. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Rachel (*29.5.1877 Lemberg), geborene Schulberg, hatte er drei Kinder. Helene, die mit dem Fotografen Hans Pragan verheiratet war und selbst in den 1930er Jahren eine in Wien angesehene Fotografin war, und Leopold Fechtner, der ebenfalls vor 1938 in Wien den Beruf eines Fotografen und Fotohändlers ausübte. Fechtner kam vor 1910 mit seiner Ehefrau nach Wien, wurde 1911 als Delegierter in das Gremium der Gehilfenkasse der Photographengenossenschaft Wien gewählt, und trat 1929 als Mitglied in den Österreichischen Photographen-Verein in Wien ein. Seit März 1914 betrieb er als gewerbebehördlich angemeldeter Fotograf in Wien 20, Wallensteinstraße 23 und in Wien 10, Laxenburger Straße 46 zwei Ateliers unter dem Namen „Stella“, danach ab 1916 eines in Wien 2, Taborstraße 52 b und nach einer Standortverlegung führte er ab 1927 bis 1938 sein Atelier „Stella“ in Wien 16, Neulerchenfelder Straße 11.

Fechtner lebte 1938 mit seiner Familie in Wien 2, Gredlerstraße 10. Sein Atelier wurde am 30. Jänner 1939 gewerbebehördlich abgemeldet und am 24. November 1939 „abgewickelt“ und aus dem Handelsregister gelöscht. Ihm und seiner Ehefrau gelang 1939 die Flucht in die USA, wo sie sich im Februar 1940 in New York niederließen. Er verstarb am 20. Mai 1963 in New York.
Sein Sohn Leopold Fechtner, der am 27. Dezember 1911 in Wien geboren wurde, und seit 1934 mit der Schneiderin Seraphine (Fini) (*10.10.1911 Wien), geborene Troner, verheiratet war, übte seit 19. Dezember 1932 den Beruf eines gewerbebehördlich angemeldeten Fotografen in seinem Atelier „Foto Mia“ in Wien 5, Margaretenstraße 66 aus. Seit November 1934 betrieb er hier auch einen Handel mit fotografischen Artikeln und Apparaturen.

Daneben gab er von 1937 bis zum „Anschluss“ im März 1938 gemeinsam mit dem Wiener Kabarettisten Viktor Claudius das Unterhaltungs- und Witzeblatt „Die Lachtaube“ heraus. Fechtner besaß eine umfangreiche „Witze- und Humorsammlung“, die er bereits als 12-jähriger aufzubauen begann und die 1938 zirka 200.000 Exemplare umfasste. Seine Sammlung, die er in seiner Bibliothek inventarisierte, stellte er in den 1930er Jahren Wiener Kabarettisten für ihre Arbeit zur Verfügung.


Leopold Fechtner lebte 1938 mit seiner Ehefrau bei seinen Eltern in Wien 2, Gredlerstraße 10/12. Sein Atelier wurde bereits im März 1938 von den Nationalsozialisten gesperrt. Ihm und seiner Ehefrau gelang am 14. Juli 1939 die Flucht aus Österreich nach New York, wo er in Queens ein Fotounternehmen eröffnete, Cartoons publizierte, und seine Witze- und Humorsammlung, die er 1938 auf seiner Flucht mitnehmen konnte, beträchtlich ausweitete und seit den 1970er auch publizierte. 1949 brachte die Wiener Tageszeitung „Wiener Kurier“ eine Reportage über seinen Leben in New York.

Fechtner stellte 1961 beim Fonds zur Abgeltung von Vermögensverlusten politisch Verfolgter ein Ansuchen um Abgeltung seiner durch den Entzug seines Ateliers erlittenen Vermögensverlustes an, das erfolglos blieb und 1963 abgewiesen wurde.



Fechtner verstarb am 1. November 2001 in New York.
Quellen:
Archiv der WKÖ, Gewerbeakt Fechtner Bernhard.
Eine Abschrift seines Gewerbescheines von Leopold Fechtner liegt im Aktenbestand der FLD im Österreichischen Staatsarchiv.
ÖStA, AdR, E-uReang, FLD, Zl. 21.801, Fechtner Bernhard.
ÖStA, AdR, E-uReang, AHF, Zl. 15.013, Fechtner Bernard
ÖStA, AdR, E-uReang, Abwickler Mappe Schicho Franz, Fechtner Bernhard.
ÖStA, AdR, E-uReang, FLD, Zl. 2.301/8-B/7R Fechtner Leopold.
ÖStA, AdR, E-uReang, FLD, Zl. 5.784/8 Fechtner Leopold.
ÖStA, AdR, E-uReang, FLD, Zl. 28.399 Fechtner Leopold.
ÖStA, AdR, E-uReang, FLD, Zl. 26.458 Fechtner Leopold.
Matriken der IKG Wien, Trauungsbuch 1934, Fechtner Leopold, Troner Seraphine.
Matriken der IKG Wien, Geburtsbuch 1910, Fechtner Helene.
Auswanderungskartei der IKG Wien, Bernhard und Leopold Fechtner.
Zeitungen und Zeitschriften:
Wiener Freie Photographische Zeitung, Nr. 3, 1911, S. 24.
Allgemeine photographische Zeitung, H. 11, 1929, S. 12.
Allgemeine photographische Zeitung, H. 7, 1939, S. 123.
Allgemeine photographische Zeitung, H. 2, 1935, S. 22.
Der Wiener Simpl, H. 9, 1937, S. 4.
Die Lachtaube, Witz- und Unterhaltungsblatt 1937.
Der Tag, 25.4.1937, S. 8.
Wiener Kurier, 15.6.1949, S. 4.
Literatur:
Gebhard H./Simonis J./Fechtner B./Gross J., Kunstlichtphotographen vereinigt Euch!, in: Der deutsch-österreichische Photograph, 1919, S. 25.
Fechtner Leopold, Silly Jokes in Rhyme, 1997.
Fechtner Leopold, A Crazy Dictionary: With 6000 Silly Definitions, 1999.
Fechtner Leopold, 5,000 One and Two Liners for Any and Every Occasion.
Fechtner Leopold, Encyclopedia of Ad-Libs, Crazy Jokes, Insults and Wise Cracks, 1979.
(Das Projekt wird gefördert vom Zukunftsfonds der Republik Österreich).
Text, copyright: Walter Mentzel
Aus dem Projekt:Durch das NS-Regime aus Österreich vertriebene und ermordete Fotografen und Fotografinnen [mehr….]
Bernhard and Rachel (Rose) Fechtner had 3 children, not 2. Leopold, Helene (my grandmother), and Max. I’m happy I came upon this article, as it’s wonderful and very interesting to read about my ancestors. Thank you.
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