Viktor Claudius – Ein vergessener Kabarettist, Schriftsteller und Conférencier aus dem „Wiener Simpl“


Viktor Claudius gehörte seit den 1920er Jahren bis 1938 neben Karl Farkas (1893-1971), Fritz Grünbaum (1880-1941), Franz Engel (1898-1944) oder Viktor Flemming (1886 – 1944) zum Kern des Ensembles des Wiener „Simplicissimus“ (Simpl) und war ein prominenter Vortragskünstler in der Wiener Kleinkunstszene. Claudius war vor allem aber schriftstellerisch tätig und wirkte an der Herausgabe einer Reihe humoristischer Zeitschriften mit, mit denen er auch versuchte Autorenkollektive zu organisieren.

Claudius geriet nach dem Zweiten Weltkrieg bis heute in Vergessenheit. Er wurde nach dem März 1938 von den Nationalsozialisten wegen seiner jüdischen Herkunft verfolgt, und verstarb im April 1945 in Wien. Die Umstände, die zu seinem Tode führten, sind unklar. Er wurde am 21. April 1945 – zwei Tage nach der Befreiung Wiens durch die Rote Armee – auf dem Matzleinsdorfer Friedhof als einer von insgesamt 63 weiteren Personen in einem Massengrab beerdigt.

Viktor Claudius wurde am 22. Jänner 1901 unter seinem Geburtsnamen Chlamtatsch in Wien Penzing, Stiegergasse 7, als Sohn des aus Broczko in Ungarn (heute Brodske/Slowakei) stammenden Brandweinhändlers Heinrich Chlamtatsch (*16.12.1872) und der aus Lundenburg in Mähren stammenden Regine Neubach geboren.[1] Im Mai 1926 trat er aus der IKG aus, und im September 1930 heiratete er die Schriftstellerin Margarete (Gretl) Röder (*22.2.1897 Wien), ihre Ehe blieb kinderlos.[2] 1933 änderte er amtlich seinen Namen von Chlamtatsch in Claudius.[3]

Claudius als Schriftsteller: Verlag „Aufschwung“ und die Zeitschrift „Die Insel“

Der Beginn seiner künstlerischen Karrieren lässt sich erstmals nach dem Ersten Weltkrieg nachweisen. 1919 trat er, als achtzehnjähriger, mit seinem Künstlernamen an die Öffentlichkeit, indem er am ersten Künstlerabend der Freien Künstlervereinigung Wien als Vertreter des Verlages „Aufschwung“ teilnahm.[4] Dieser Verlag führte auch eine gleichnamige Zeitschrift, die erstmals im Februar 1919 erschienen war und mit der Doppelnummer 9/10 noch im selben Jahr eingestellt wurde. Als Untertitel führte sie „Eine literarische Zeitschrift“ und ab der Nr. 2 „Zeitschrift der Jüngsten“. Sie wurde bis zur Nummer 7 von Tobias Sternberg herausgegeben, die Nummer 7 erschien unter dem Namen Emil Gustav Gruchol und die Nummern 8 und 9/10 von Friedrich Gustav Tietz. Die inhaltliche Ausrichtung der Zeitschrift „Aufschwung“, die als Literaturzeitschrift neben Lyrik, Prosa, Dramatik, auch Aufsätze, Theaterkritiken und Buchbesprechungen enthielt und ihren Redaktionssitz in Wien 7, Kaiserstraße 62 hatte, wurde als expressionistisch charakterisiert. Anfang 1920 war Claudius noch an dem Zeitschriftenprojekt „Die Insel. Eine Zeitschrift“ beteiligt. Sie war als Monatsschrift konzipiert, erschien jedoch nur ein einziges Mal am 15. Jänner 1920 und dürfte von einer kleinen Wiener Schriftstellergruppe um den als Herausgeber fungierenden Maximilian Sturmthal (*5.2.1893-?) getragen worden sein.  Hier hatte Viktor Claudius die Redaktion übernommen. Im Rahmen dieses Insel-Projektes fanden auch „Autoren-Abende“ statt, eine Reihe von Buchprojekten waren vom Verlag in Planung.[5]

Claudius als Kabarettist und Conférencier in der „Hölle“, Konzertcafé Capua, Café Royal, dem „Simpl“ und im Radio Wien u.a.

Spätestens mit dem Jahr 1921 lässt sich der Beginn der Karriere von Claudius als Vortragskünstler und Conférencier ansetzen, als im Oktober 1921 sein Sketsch „Schattenberg“ im Varieté „Reklame“, in den Hauptrollen Anne Anzengruber, Fritz Blum und Jul. C. Schlosser uraufgeführt wurde.[6] Im Oktober 1923 trat er als Vortragskünstler bei einer Jubiläumsveranstaltung des Sportvereines Viktoria V auf.[7] Ansonsten dürfte er in diesen Jahren häufig im Rahmen von Veranstaltungen jüdischer Vereine in Wien aufgetreten sein, wie als Conférencier am Klubabend des Elternbund Menorah[8] und 1924 angekündigt als Schriftsteller an der an der Veranstaltung des Vereines Tikwath Jehuda.[9]

Mitte der 1920er Jahre erzielte Claudius seinen beruflichen Durchbruch, von 1925 bis März 1938 finden wir Claudius regelmäßig in den verschiedensten Kabarettprogrammen an verschiedenen Standorten Wiens, zumeist mit eigenen Textdichtungen und Programmzusammenstellungen. Im April 1925 trat er – vielleicht erstmals – gemeinsam in dem vom Kabarettist Alexander Trebitsch (-1.1.1937) konferierten Kabarett-Programm in dem seit 1913 in Wien 1, in der Johannesgasse 3 bestehenden Varieté-Theater – auf.[10] Mit Alexander Trebitsch arbeitete er bis 1938 regelmäßig zusammen, ebenso wie mit dem Schauspieler, Verleger, Kabarettisten und Conférencier Erwin Engel (1881-1946), der seine Karriere zunächst als Buchhändler begonnen hatte, 1919 den Nestroy-Verlag gegründet und Humoristika und Varietéschlager herausgab.

Viktor Claudius, Österreichs Illustrierte Zeitung, Nr. 15, 1933, S. 338.

Neben dem „Simpl“ war Claudius an zahlreichen weiteren Standorten in Wien tätig. Im „Theater der Komiker“ in der Walfischgasse 11 stand er zusammen mit Gyula Kabos, Armin Berg, Richard Eybner auf der Bühne.[11] Im August 1933 war er anlässlich der Filmpremiere von „Ein Lied geht durch die Welt“ im Apollo-Kino in Wien Conférencier bei der Bühnenschau von Lya Beyer und Victor Flemming,[12] im November 1934 trat er im Café Edison,[13] 1935 im Graben Kaffee mit seiner inszenierten Parket-Revue „Mit Putz und Stingel“[14] und im Welt-Spiegel bei der Premiere des Filmes mit Hans Moser „Ein junger Herr aus Oxford“ auf.[15]

Die Stunde, 8.10.1935, S. 3.

Im April 1936 gab er eine Vorstellung im Favoritner Colosseum,[16] im März 1937 im Margaretner Orpheum,[17] und im August 1937 konferierte er das Eröffnungsprogramm im Etablissement Schlüsselloch in Wien 1, Rauhensteingasse 8,[18] sowie im Prater das „Leicht-Varieté“ mit Lotte Lang (1900-1985), Richard Waldemar (1869-1946), und Michael Xantho (1891-1940).[19] Andere Standorte an denen Claudius auftrat waren u.a. das Café-Kabarett Royal in Wien 9, Währinger Straße 26, wo er im August 1925 mit dem Sketsch „Mausi und Mausi“ spielte, [20] oder 1927 seine erstmaliges Darbietung im neu eröffneten Jugendstilkabarett „Hölle“ in der Linken Wienzeile 6 gemeinsam mit Christl Giampietro, Else Kaufmann, Hella Steels, Friedl Keil und Hans Kolischer. Teil des Programms bestand aus der von Karl Farkas getexteten Revue „Passen Sie auf…!“.[21] Im Dezember 1927 war er wieder im Rahmen der Farkas—Revue „Passen sie auf“ im Kabarett „Hölle“[22] mit seinem Programm vertreten.[23] Im Juni 1928 wirkte er im Stadttheater Baden an einem Varieté-Abend mit Charlotte Waldow und Erwin Engel mit.[24] Im Mai 1932 konferierte er das Varietéprogramm vor dem Auftritt von Josephine Baker im Varieté Ronacher.[25] Weitere Veranstaltungen bestritt er in den 1930er Jahren als Conférencier zusammen mit Christl Giampietro, Maria Mills (Radio Wien) Ernst Arnold (Radio Wien) im Rahmen der Festakademie zugunsten der durch die Wirtschaftskrise verarmten Bevölkerung,[26] im Volksbildungshaus Stöbergasse,[27] bei der Akademie des Volkschores Meidling,[28] oder am Gartenfest des Favoritner Club gemeinsam mit Else Kaufmann, Max Brod, Eugen Strehn,[29] sowie bei der „Lachsport-Olympiade“ im Westendvariete.[30] Neben dem „Simpl“ gab er immer wieder gemeinsam mit Erwin Engel im Konzertcafé Capua Vorstellungen.[31]

Die Stunde, 30.1.1927, S. 3.

Unter den zahlreichen Künstler*innen mit denen er im Laufe der Jahre im „Simpl“ aber auch bei anderen Gelegenheiten häufig auftrat oder gemeinsame Kabarettprogramme bestritt, waren der Schauspieler, Sänger, Autor und Kabarettist Ernst Morgan (1902-1957), Polly Janisch,[32] Else Kaufmann, Christl Giampietro (1888-1974), Armin Berg (1883-1956), die Schauspielerin und Kabarettistin Charlotte Waldow (1883-1945), Viktor Flemming und Erwin und Franz Engel. Seine musikalische Begleitung bestand u.a. aus Hermann Leopoldi (1888-1959)[33] und dessen Bruder Ferdinand (1886-1944). Viele von ihnen wurden nach dem „Anschluss“ im März 1938 von den Nationalsozialisten wegen ihrer jüdischen Herkunft verfolgt. Erwin Engel flüchtete nach dem März 1938 nach Shanghai, wo er 1946 verstarb. Franz Engel wurde 1944 im KZ Auschwitz ermordet. Morgan emigrierte nach seiner Flucht aus Österreich zunächst nach Lissabon, danach nach Griechenland, Ägypten, Palästina und wieder in Ägypten, von wo er 1947 letztlich in die USA emigrierte. Giampietro gelang 1938 die Flucht vor den Nationalsozialisten in die Niederlande und nach der Inversion der deutschen Wehrmacht in die Schweiz. Armin Berg (1883-1956) flüchtete 1938 in die USA und kehrte erst 1949 nach Wien zurück. Viktor Flemming wurde 1944 im KZ Auschwitz ermordet. Waldow gehörte nicht zu den von den Nationalsozialisten verfolgten Künstler*innnen, verzichtete jedoch während der NS-Zeit auf Auftritte und kehrte erst nach der Befreiung Österreichs zum Simpl zurück. Sie verstarb durch einen Autounfall in Wien im Dezember 1945.[34]

In den 1930er Jahren war Claudius auch Bestandteil der Kabarettsendungen im Radio Wien, darunter im Rahmen der Sendereihen „Funk-Variete“ – gemeinsam mit Viktor Flemming, Christl Giamprietro und dem Musiker Gustav Vogelhut (1899-1940)[35] – und „Bunt, bunt, bunt!“.[36]

Der Verein „Die Basis, Gesellschaft zur Milderung der Künstlerberufskrise“

Im Mai 1932 konstituierte sich – am Höhepunkt der Wirtschaftskrise in Österreich – der Verein „Die Basis. Gesellschaft zur Milderung der Künstlerberufskrise“. Zweck des Vereines war es erwerbslose Berufskünstler durch „honorierte Beschäftigung innerhalb der Vereinsaktivitäten, oder durch Geldunterstützung, sowie „durch Hilfestellung auf jede dem Verein mögliche Weise“ zu unterstützen.[37] Als Präsident fungierte der ehemalige Oberrechnungsrat und Beamte im Finanzministerium Edmund Foltermayer, der neben seiner Beamtenlaufbahn auch als ausgebildeter Konzertsänger und Musiker aktiv war. Die Funktion der Vizepräsidenten nahmen der praktische Arzt Richard Kapeller und der Inhaber der Theaterschule „Otto“ und Gymnasiallehrer Josef Gutmayer ein, die des Kassiers der Bruder von Margarete Röder, Josef Röder (9.1.1893). Als Kassier-Stellvertreter fungierte der damalige Burgschauspieler Richard Eybner (1896-1986) und als kommerzieller Geschäftsführer der Kaufmann Hans Roth, während Claudius neben der Funktion des Schriftführer-Stellvertreter die künstlerische Leitung im Verein übernommen hatte. Der Vereinssitz war Wien 5, Obere Amtshausstraße 16.[38] Im Zuge der Vereinsgründung wurden von den Vereinsbehörden auch eine staatspolizeiliche Überprüfung der politischen Ausrichtung der Proponenten durchgeführt, die bei Claudius eine Zugehörigkeit zur „sozialdemokratischen Richtung“ ergab.[39] Diese Beurteilung könnte aufgrund seiner regelmäßigen künstlerischen Auftritten bei den 1. Mai Feiern der Wiener Sozialdemokratischen Arbeiterpartei erfolgt sein. So trat er 1928 bei den Maifeiern in Ottakring im Theatersaal des Arbeiterheimes Kreitnergasse 31 mit der Schauspielerin Mitzi Weitzmann, dem Mitbegründer der Internationalen Artisten-Organisation Ferdinand Leopoldi und dem Kabarettisten Rolf Osten auf,[40] sowie 1931 in Hietzing[41] und 1932 bei den „Künstlerischen Maifeiern“ in Wien Neubau gemeinsam mit der bei der Sozialdemokratischen Kunststelle Wiens engagierten Maria Gutmann (1889-1963) und der Tänzerin, späteren Choreographin und Pädagogin Stella Mann (1912-2013). Von den Aktivitäten des Vereines sind eine Reihe von Künstlerabenden überliefert, der Dritte unter dem Namen „Schöpferisches Brettl“ in Wien 1, Schauflergasse 6, und ein weiterer im April 1934 unter Mitwirkung von Else Kaufmann, Richard Eybner, Erwin Engel, Alfred Keßler.[42] Zu den Unterstützern und Stiftern des Vereins zählten u.a. Fritz Grünbaum und Christl Giampietro. Im Jänner 1933 erschien im Verlag der „Basis“ das „Erste Bunte Basis-Büchlein“ im Umfang von 72 Seiten. Als Autoren wurden neben Claudius, Foltermayer, Kapeller und Grünbaum, der Kabarettist Gustav Breyer oder der Journalist und Schriftsteller Ewald Sator-Buron (1910-?) genannt.[43] Der Verein wurde bereits im Oktober 1935 von den Vereinsbehörden gelöscht.[44]

Die Basis, Nr. 1, 1932

Claudius als Schriftsteller, Autor und Herausgeber und Redakteur der Zeitschriften: Die Fundgrube – Die Lachtaube – Der Wiener Simpl

Neben seinem Wirken als Vortragskünstler war Claudius ein überaus emsiger Schriftsteller, der er seit den späten 1920er regelmäßig kurze Aphorismen in Zeitschriften wie „Die Muskete“[45] und „Die Bühne“ veröffentlichte. Daneben erschienen von ihm Anekdoten und Kurzgeschichten in den Zeitungen „Die Stunde“,[46] der „Kleinen Volks-Zeitung“[47] und „Mocca“.[48]

1926 publizierte er im Verlag der Internationalen Artistenorganisation Wien die Broschüre „Gaukler. Beiträge zur Geschichte der Artistik“.[49]

In den 1930er Jahren trat Claudius nach seiner in den Jahren 1919 und 1920 eher kurzweiligen Beteiligung an Literaturzeitschriftprojekten ein weiteres Mal als Herausgeber und Redakteur von humoristischen Zeitschriften hervor. Damit verfolgte Claudius sein Anliegen Autor*innen zusammenzuführen, um ihnen – als oft unerwähnte Verfasser*innen von Kabarettstücken – öffentlichen Raum zu geben.[50] In diesem Kontext fungierte er zwischen Mai 1933 und Mai 1934 als Herausgeber der Zeitschrift „Die Fundgrube“ mit dem Untertitel „Eine Zeitschrift“,[51] die auch als eine Art Schriftstellervereinigung angedacht war und eigene Autoren- und Künstlerabende organisierte.[52]

1937 gab er gemeinsam mit dem Fotografen Leopold Fechtner die Zeitschrift „Die Lachtaube. Witz- und Unterhaltungsblatt“ am Standort des Ateliers „Foto Mia“ von Fechtner in Wien 6, Margaretenstraße 66 heraus. Diese Zeitschrift erschien bis zum Jänner 1938. Fechtner besaß eine umfangreiche „Witze- und Humorsammlung“, die er bereits als 12-jähriger aufzubauen begann und die 1938 zirka 200.000 Exemplare umfasste. Seine Sammlung, die er in seiner Privatbibliothek inventarisierte, stellte er in den 1930er Jahren Wiener Kabarettisten für ihre Arbeit zur Verfügung.

Ab September 1936 – im 25. Jahr des Bestehens des „Simpl“ – bis März 1938 erschien unter der Herausgeberschaft des Eigentümers des „Simpl“, Alexander Goldfarb, die Zeitschrift „Der Wiener Simpl“, bei der Viktor Claudius die redaktionelle Leitung und die Herausgeberschaft am Standort des „Simpl“ in Wien 1, Wollzeile 34 Inne hatten.[53] In allen drei Zeitschriften nahmen die Texte von Claudius den größten Anteil ein.

Simplicissimus

Claudius trat höchstwahrscheinlich im Oktober 1926 erstmals im Wiener „Simpl“ neben Alexander Trebitsch als Conférencier auf. Das Programm gestaltete Charlotte Waldow, Karl Ujvari und Grete Russ.[54] Ein Jahr darauf stellte er hier ein eigenes von ihm erarbeitetes Programm u.a. mit Hans Moser, Else Kaufmann und dem Zauberkünstler Valentino Graziadei (1898-1965) vor,[55] ebenso gestaltete er das Maiprogramm des „Simpl“ in diesem Jahr.[56] 1928 war er hier gemeinsam mit Armin Berg (1883-1956), Christl Giamietros, Fritz Grünbaum (1880-1941) und den Komponisten Heinrich Strecker (1893-1981) zu sehen, [57] ebenso in den 1930er Jahren mit Waldow und Fritz Engel in den Farkas-Revuen, bei denen auch Polly Janisch, Marcelle Luzzatto, Grete Weller, Lucia Laval, der Sänger und Komponist Ernst Arnold (1890-1962), Erwin Engel, Alexander Trebitsch und Robert Schwarz mitwirkten.[58] 1936 gestaltete er im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Weekend im Simpl“ wieder eine eigene Simpl-Revue mit dem Komponisten Robert Schwarz, mit Szenen aus der Feder von Karl Farkas unter Mitwirkung der Schauspieler Erika Dannbacher, Fritz Strehlen und Viktor Flemming,[59] und 1937 war er Teil der Kabarett-Revue „Prüfen sie Selbst“ von Fritz Grünbaum, Karl Farkas, und Fritz Strehlen.

Die Stunde, 9.9.1931, S. 7.

Daneben moderierte er gemeinsam mit Oskar Kanitz die von Walter Goldfarb Ende der 1930er Jahre im „Simpl“ begründete Moderevue.

Verfolgung und Tod

Das Jahr 1938 begann beruflich für Claudius am 2. Jänner 1938 im Café Korb, als Conférencier bei einer Veranstaltung der Reichsorganisation der Hausfrauen Österreichs.[60] Im Jänner 1938 war er gemeinsam mit dem Kabarettisten und Schauspieler Franz Engel und Josef Baar teil eines Programms einer öffentlichen Faschingsveranstaltung der „Del-Ka-Akademie“ im Hotel Münchnerhof Wien 6, Mariahilferstraße 81,[61] sowie bei einer Veranstaltung gemeinsam mit Max Brod, Else Kaufmann und Ernst Morgan bei der Bezirksgruppe Leopoldstadt des Reichsverbandes jüdischer Legitimisten.[62] Im Jänner publizierte er noch in der Zeitschrift „Der Wiener Simpl“ den letzten Teil seiner Artikelserie „Die Zahl Sieben“[63] und im Februar den Artikel „Bruder Tier im deutschen Sprichwort“.[64] Ebenfalls im Februar veröffentlichte er in der Zeitschrift „Die Muskete“[65] und in der Zeitschrift „Mocca“ den Text „Es steht geschrieben…“.[66] Für den März 1938 war im Simpl die Revue „Zurück zur Natur“ (Buch und Gesangtext: Viktor Claudius und Oskar Kanitz, Musik: Robert Schwarz) geplant,[67] und für den Mittwoch den 16. März 1938 stand für ihn im Favoritner Colosseum seine Mitwirkung in der Revue „Aus aller Welt“ auf dem Programm.[68]

Claudius lebte mit seiner Ehefrau Margarete 1938 in Wien 5, Bräuhausgasse 52. Nach dem „Anschluss“ im März 1938 war Claudius wegen seiner jüdischen Herkunft der Verfolgung durch die Nationalsozialisten ausgesetzt. Über seinen Verbleib bis April 1945 ist nichts bekannt. Er wurde am 21. April 1945 mit 63 weiteren Personen, davon mehrere als unbekannt angegeben, am Matzleinsdorfer Friedhof in einem Massengrab beerdigt.[69]

In der Rückschau zum 35 Jahre-Jubiläum des „Simpl“ im Jahr 1947 fand er in der Aufzählung der früheren Künstler*innen keine Erwähnung.[70]

Text: Dr.Mag. Walter Mentzel

copyright: Dr.Mag. Walter Mentzel

Literatur:

Wiener Hugo, Das Beste aus dem Simpl, Wien 1973.

Wallas Armin A., Zeitschriften und Anthologien des Expressionismus in Österreich: Analytische Bibliographie und Register, Bd. 1, München, London, Paris 1995.

Marcus G. Patka, Alfred Stalzer, Die Welt des Karl Farkas, Holzhausen 2001.

Benay Jeanne, Pfabigan Alfred, Sauveur Anne Saint (Hg.), Österreichische Satire (1933 – 2000). Exil – Remigration – Assimilation, Bern 2003.

Sobieszek Julia, Zum Lachen in den Keller. Das Simpl von 1912 bis heute, Wien 2012.


[1] Geburts-Matriken der IKG Wien, Victor Chlamtatsch.

[2] Wiener Stadt- und Landesarchiv, Meldearchiv: Gemeldet 28.8.1939-1947 (ohne Abmeldung) Wien 5, Bräuhausgasse 52/5.

[3] Ein diesbezüglicher Eintrag findet sich in seiner Geburts-Matrikel. Verfügung 18.8.1933.

[4] Der Neue Tag, 8.11.1919, S. 10.

[5] Hall G. Murray, Österreichische Verlagsgeschichte, Bd. 2 (Genossenschaftsverlag) [ http://verlagsgeschichte.murrayhall.com/?page_id=284 ].

[6] Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe), 9.10.1921, S. 11.

[7] Illustrierte Kronen-Zeitung, 27.10.1923, S. 9.

[8] Wiener Morgenzeitung, 31.10.1923, S. 5.

[9] Wiener Morgenzeitung, 30.4.1924, S. 7.

[10] Die Stunde, 7.4.1925, S. 8.

[11] Die Stunde, 2.4.1932, S. 4.

[12] Acht-Uhr-Blatt, 17.8.1933, S. 4.

[13] Der Tag, 11.11.1934, S. 10.

[14] Die Stunde 8.10.1935, S. 3.

[15] Mein Film, H. 512, 1935, S. 7. Die Stunde, 25.10.1935, S. 9.

[16] Illustrierte Kronen-zeitung, 10.4.1936, S. 7

[17] Kleine Volks-Zeitung, 16.3.1937, S. 5.

[18] Die Stunde, 17.8.1937, S. 3.

[19] Wiener Neustädter Nachrichten, 6.1.1937, S. 2.

[20] Die Stunde, 30.8.1925, S. 2.

[21] Die Stunde, 20.10.1927, S. 4; 21.10.1927, S. 10. Der Tag, 25.10.1927, S. 6.

[22] Der Tag, 22.12.1927, S. 9.

[23] Die Stunde, 2.12.1927, S. 6.

[24] Badener Zeitung, 20.6.1928, S. 6.

[25] Wiener Salonblatt, 8.5.1932, S. 16.

[26] Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe), 17.12.1935, S. 23.

[27] Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe), 17.3.1935, S. 13.

[28] Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe), 6.1.1935, S. 12.

[29] Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe), 1.6.1935, S. 27.

[30] Kleine Volks-Zeitung, 14.3.1936, S. 7.

[31] Die Stunde, 30.1.1927, S. 3 und 1.2.1927, S. 3; 21.6.1927, S. 3.

[32] Polly Janisch war in der Stummfilmzeit der 1910er Jahre für kurze Zeit beim Film aktiv.

[33] Kleine Volks-Zeitung, 3.4.1937, S. 7.

[34] Österreichische Volksstimme, 19.12.1945, S. 3.

[35] Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe), 26.9.1936, S. 18.

[36] Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe), 12.5.1937, S. 34.

[37] OeStA/AdR BKA, BKA-I BPDion Wien VB, Zl. 10568, Die Basis. Gesellschaft zur Milderung der Künstlerberufskrise. Satzungen des Vereins.

[38] Arbeiter Zeitung, 30.4.1932, S. 6.

[39] OeStA/AdR BKA, BKA-I BPDion Wien VB, Zl. 10568, Die Basis. Gesellschaft zur Milderung der Künstlerberufskrise.

[40] Arbeiter Zeitung, 29.4.1928, S. 4.

[41] Arbeiter Zeitung, 29.4.1931, S. 4.

[42] Neues Wiener Tagblatt, 6.4.1934, S. 22.

[43] Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe), 28.1.1933, S. 5. Die Muskete, 26.1.1933, S. 14.

[44] OeStA/AdR BKA, BKA-I BPDion Wien VB, Zl. 10568, Die Basis. Gesellschaft zur Milderung der Künstlerberufskrise.

[45] Exemplarisch: Die Muskete, 9.7.1927, S. 14; Die Muskete, 5.11.1936, S. 899

[46] Die Stunde 29.1.1928, S. 14.

[47] Kleine Volks-Zeitung, 11.8.1930, S. 9 (Der von der Vogelweise).

[48] Mocca, November 1931, S. 50.

[49] Eine Rezension erschien in der Kleinen Volks-Zeitung, 20.9.1926, S. 8.

[50] Österreichische Illustrierte Zeitung, 20.10.1933, S. 10.

[51] Dietzel Thomas/Hügel Hans-Otto, Deutsche literarische Zeitschriften 1880-1945. Ein Repertorium, Bd. 1, München-New York-London 1988, S. 473.

[52] Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe), 20.9.1933, S. 23.

[53] Der Wiener Simpl, September 1936.

[54] Die Stunde, 20.10.1926, S. 4.

[55] Die Stunde, 1.5.1927, S. 4.

[56] Die Stunde, 4.5.1927, S. 6.

[57] Der Tag, 1.5.1928, S. 10.

[58] Die Stunde, 31.7.1934, S. 7.

[59] Die Stunde, 14.5.1936, S. 4.

[60] Die Hausfrau. Offizielles Organ der Reichsorganisation der Hausfrauen Österreichs, Jänner 1938, S. 2.

[61] Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe), 22.1.1938, S. 10.

[62] Kleine Volks-Zeitung, 14.1.1938, S. 6.

[63] Der Wiener Simpl, H. 1, 1938, S. 5.

[64] Der Wiener Simpl, H. 2, 1938, S. 6.

[65] Die Muskete, 24.2.1938, S. 7.

[66] Mocca, Februar 1938, S. 11-12.

[67] Der Wiener Simpl, H. 3, S. 3.

[68] Kleine Volks-Zeitung, 13.3.1938, S. 21.

[69] Friedhofsdatenbank Matzleinsdorfer Friedhof (Viktor Claudius: angerufen 15.8.2022)

[70] Die Weltpresse, 10.9.1947, S. 3.

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